Samstag, 27. Juli 2013

ADHS bei Erwachsenen - Symptome und Therapie



Eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) bei Kindern wächst sich nicht aus, wie man noch bis Ende der 1990er Jahre glaubte. Sie betrifft nicht ausschließlich das Kindes- und Jugendalter, sondern viele Betroffene leiden auch als Erwachsene an dieser Störung, die dann häufig mit psychischen und körperlichen Erkrankungen kombiniert ist. Die Häufigkeit des ADHS im Erwachsenenalter beträgt in Deutschland 3,1%.

ADHS-Symptome im Erwachsenenalter

Beim ADHS werden verschiedene Subtypen unterschieden: ein unaufmerksamer, ein hyperaktiv-impulsiver und ein kombinierter Subtyp, der im Erwachsenenalter am häufigsten ist. ADHS-Betroffene haben in jedem Alter ein erhöhtes Risiko für bestimmte Erkrankungen. So entwickeln 60 - 80 % der betroffenen Erwachsenen im Laufe ihres Lebens eine oder auch mehrere psychische Störungen wie Suchterkrankungen, Angst- und Essstörungen, Teilleistungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, Depressionen und Tics.
Die Suchterkrankungen betreffen sowohl illegale Substanzen (besonders Meth, Kokain, Halluzinogene und Opiate) als auch legale Substanzen wie Alkohol, Nikotin und Koffein. Nicht selten findet man bei erwachsenen ADHS-Patienten auch Autismus und das sog. Asperger-Syndrom, einer Autismus-Variante, die sich durch Störungen der sozialen Interaktion auszeichnet.

Antisoziale und Borderline-Persönlichkeitsstörungen

Über 20 % der erwachsenen ADHS-Patienten weisen zusätzlich eine Störung des Sozialverhaltens auf und geraten nicht selten mit dem Gesetz in Konflikt, was erklärt, warum rund 30% aller männlichen Gefängnisinsassen eine ADHS aufweisen. Ungünstig wirken sich ein geringer sozioökonomischer Status, intensive Familienkonflikte, ein niedriger IQ und die Zurückweisung durch Gleichaltrige aus. Eine ADHS im Kindesalter erhöht zudem das Risiko, im Erwachsenenalter eine Borderline-Symptomatik zu entwickeln, die zu erheblichen Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen führt, Anspannungszuständen mit nachfolgenden Selbstverletzungen und chronischer Suizidalität.

Psychosoziale Konsequenzen

Bei ADHS findet sich eine überproportionale hohe Rate an frühen, ungeplanten Schwangerschaften, Scheidungen, Fehlzeiten am Arbeitsplatz und Arbeitslosigkeit. Häufiger als Gleichaltrige brechen viele ADHS-Betroffene ihre Schul- und Berufsausbildung ab.

ADHS-Therapie im Erwachsenenalter

Eine ADHS-Erkrankung im Erwachsenenalter wird oft nicht erkannt, da die psychischen Begleiterkrankungen im Vordergrund stehen. In derartigen Fällen steht auch die Behandlung der Begleiterkrankungen im Vordergrund, damit das Ausmaß der dahintersteckenden ADHS und die nötige Hilfe zur Bewältigung der Erkrankung beurteilt werden können. Eine ADHS-Erkrankung im Erwachsenenalter stellt per se keine Behandlungsindikation dar, diese ergibt sich erst, wenn durch die ADHS starke Beeinträchtigungen in einem Lebensbereich oder leichte Beeinträchtigungen in mindestens zwei Lebensbereichen bestehen.

Schwierige medikamentöse Behandlung

Die medikamentöse Behandlung der Erwachsenen-ADHS ist schwierig. Streng genommen existieren keine Arzneimittel, die zur Behandlung im Erwachsenenalter zugelassen sind. Nach den deutschsprachigen Leitlinien stellt die Behandlung mit Stimulanzien (Methylphenidat) dennoch die Therapie der Wahl dar, ein in Anbetracht der häufigen Suchterkrankungen nicht ganz ungefährliches Unterfangen. Je nach Schwere und Ausprägung der ADHS werden langwierige psychotherapeutische Maßnahmen durchgeführt.

Sonntag, 21. August 2011

Lactoseintoleranz: kein Verlass auf Bauchschmerzen

Die Diagnose „Lactoseintoleranz“ wird häufig aus den Angaben der Patienten gestellt, d.h. aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen der Aufnahme eines lactosehaltigen Lebensmittels und dem Auftreten von Bauchschmerzen.

Lactoseintoleranz im Kurzüberblick
Lactose (Milchzucker) ist das mengenmäßig wichtigste Kohlenhydrat, das in der Milch enthalten ist. Chemisch gesehen besteht Lactose aus Glucose und Galaktose, die miteinander verknüpft sind und im Dünndarm durch das Enzym Laktase voneinander getrennt bzw. gespalten werden. Unter Lactoseintoleranz versteht man das Unvermögen, eine bestimmte Lactose-Menge ohne gastrointestinale Beschwerden zu tolerieren, wobei die Ursachen sehr unterschiedlich sind. Es gibt primäre Intoleranzen, die angeboren sind oder sich im Laufe des Lebens entwickeln und sekundäre Formen, die auf unterschiedliche Krankheiten zurückzuführen sind.

Die unverdaute Lactose wird im Dünndarm von Bakterien vergärt. Dabei entstehen Produkte, die bei den Betroffenen erhebliche Beschwerden auslösen: CO2, das zu quälenden Blähungen führen kann und kurzkettige Fettsäuren, die Wasser in das Darmlumen ziehen und heftige Durchfälle auslösen können.


Bauchschmerzen für die Diagnose nicht ausreichend
Für die Diagnose-Stellung „Laktoseintoleranz“ ist die Angabe „Bauchschmerzen nach Lactose-Zufuhr“ jedoch nicht ausreichend und kann vielmehr zur Fehldiagnose führen. In einer aktuellen Studie wurden über 350 Patienten mit vermeintlicher Lactoseintoleranz zusätzlich einem Lactose-H2-Atemtest unterzogen. Bei rund 160 Patienten wurde eine Lactoseintoleranz gefunden, bei den übrigen ausgeschlossen und das, obwohl auch sie über Bauchschmerzen nach Lactosezufuhr klagten.

Objektivierung durch Lactose-H2-Atemtest
Bauchschmerzen nach Lactosezufuhr sind nicht das alleinige Kriterium, das die Diagnose Lactoseintoleranz erlaubt. Es sollte zur Objektivierung immer ein Lactose-H2-Atemtest durchgeführt werden. Mit dem Ausschluss oder Nachweis einer Lactoseintoleranz können dem Patienten u.U. unnötige Darmspiegelungen erspart werden, z.B. zum Ausschluss einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung oder aber, er wird vor der Fehldiagnose „Reizdarm“ bewahrt.


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Medikamenten-Check: Vollrausch dank Grapefruitsaft

Wer ein Medikament einnimmt - und sei es nur für wenige Tage - sollte immer einen Blick auf den Beipackzettel werfen, denn in Kombination mit bestimmten Lebensmitteln kann es ansonsten böse Überraschungen geben. Experten haben mittlerweile mehr als 300 Stoffe entdeckt, die zusammen mit bestimmten Nahrungsmitteln unerwartete Nebenwirkungen haben. Das gilt natürlich auch für die Kombination von verschiedenen Arzneimitteln.

Finger weg von Citrusfrüchten!
Citrusfrüchte enthalten Bitterstoffe, die die Medikamentenwirkung beeinflussen können, allen voran Grapefruits. Wer beispielweise seine Schlaftablette mit einem Schluck Grapefruitsaft herunterspült, riskiert einen Vollrausch, denn der im Saft enthaltene Bitterstoff blockiert den Abbau des Schlafmittels im Körper. Umgekehrt kann der Bitterstoff auch die Medikamenten-Wirkung hemmen, was je nach Arzneimittel zu Herzrasen, Bluthochdruck und Kopfschmerzen führen kann.

Kaffee, Cola und Co.
Koffeinhaltige Medikamente wie Kaffee, Cola und schwarzer Tee sowie Milch sind in der Kombination mit Arzneimitteln ebenfalls nicht ohne: sie können Antibiotika hemmen, das Koffein wird langsamer abgebaut. Müsli kann durch den hohen Anteil an Ballaststoffen die Wirkung von Schmerztabletten ruinieren. Und sog. Säurehemmer für den Magen können in der Kombination mit Limonaden und Fruchtsäften Verwirrtheitszustände und Krampfanfälle provozieren.

Was tun?
Am besten nimmt man Medikamente immer mit einem großen Glas Wasser ein, denn hier sind keine Wechselwirkungen möglich. Um Fruchtsäfte, koffeinhaltige Getränke und Milch sollte man einen großen Bogen machen. Wer partout nicht auf die Getränke verzichten kann, der sollte wenigstens die "Zwei-Stunden-Regel" beherzigen: vor und nach der Medikamenten-Einnahme zwei Stunden Verzicht üben! Wer Medikamente einnehmen muss, sollte keinen Alkohol trinken. Viele Arzneimittel werden über die Leber abgebaut. Ist diese dann mit dem Alkoholabbau beschäftigt, kreisen die Arzneimittel unnötig lange im Körper, was zu einer Verstärkung von Wirkung und Nebenwirkungen bis hin zur Vergiftungserscheinungen führen kann.

Außerdem empfehlenswert: die Packungsbeilage lesen und dabei nach möglichen Wechselwirkungen Ausschau halten. Wem das zu mühsam ist, der kann auch einen  Medikamenten-Check online durchführen. Hier geht es zum Check:



Tags: medikamenten, nebenwirkungen, wechselwirkungen, verträglichkeit

Kinderkrankheiten bei Erwachsenen

„Kinderkrankheit“ klingt harmlos - ein fataler Irrtum: je älter der Patient, desto heftiger verlaufen Masern, Keuchhusten und Co. Schutzimpfungen haben zwar wesentlich zum Rückgang der zahlreichen Infektionserkrankungen beigetragen, bei Erwachsenen bestehen jedoch häufig Impflücken.

Masern hinterlassen eine lebenslange Immunität
An Masern sterben in Entwicklungsländern jährlich etwa 2 Mio. Menschen. Das auslösende Paramyxovirus hat als einzige Erregerquelle den Menschen, eine Infektion mit dem Virus hinterlässt eine lebenslange Immunität. Masernepidemien kommen auch hierzulande vor, zuletzt vor einigen Jahren im Badischen. Knapp der Hälfte der Betroffenen waren Erwachsene, von einer Kinderkrankheit kann also nicht mehr die Rede sein. Bei Erwachsenen führt die Maserninfektion häufig zu Pneumonien, Herzmuskel- und Leberentzündungen. Da nicht jeder Erwachsene als Kind Masern hatte und sich kaum ein Erwachsener gegen Masern impfen lässt, ist Deutschland weit davon entfernt, masernfrei zu werden. Die Masern-Impfung wird für alle nach 1970 geborenen Erwachsenen empfohlen. Es handelt sich um eine einmalige Impfung mit einem Masern-Mumps-Röteln-Impfstoff. Dieser Lebendimpfstoff darf jedoch nicht bei Menschen mit Immundefekten und Schwangeren angewendet werden.

Keuchhusten hinterlässt keine lebenslange Immunität
Das Keuchhusten-Erreger Bordetella pertussis ist ein hochinfektiöses Bakterium, das weltweit vorkommt und jeden infizieren kann. Keuchhusten gehört mit zu den häufigsten Infektionserkrankungen und gefährdet vor allem Säuglinge, die an Pneumonien und Enzephalopathien versterben können. Besonders gefährdet sind Frühgeborene und Kinder sehr junger Mütter. Generell besteht das größte Ansteckungsrisiko, wenn die Mutter als Kind gegen Keuchhusten geimpft wurde, zwischenzeitlich aber keine Impf-Auffrischung erfolgte und sie wieder für Keuchhusten empfänglich ist. Die Erkrankung hinterlässt keine lebenslange Immunität, sie hält durchschnittlich nur 10 Jahre an. Jungendliche und Erwachsene erkranken in Deutschland zunehmend an Keuchhusten. Die Diagnosestellung in diesem Alter ist schwierig, weil die klassischen Symptome des Keuchhustens in der Regel fehlen. Und so können die Infizierten den Erreger längere Zeit weitergeben und auch Säuglinge anstecken, zu denen sie Kontakt haben. Die Keuchhusten-Impfung wird für alle Kinder nach Vollendung des 2. Lebensjahres empfohlen, Auffrischungen sollten im Alter von 5-6 Jahren und 9-17 Jahren erfolgen. Der Impfschutz hält 10 Jahre an und sollte im Erwachsenenalter regelmäßig aufgefrischt werden, z.B. in der Kombination mit einer Tetanusimmunsierung.

Meningokokken: kein Kinderkram!
Meningokokken sind die häufigsten Erreger einer eitrigen Meningitis, die im Anfangsstadium keine typischen Symptome hat, sich dann aber sehr schnell zu einer bedrohlichen Erkrankung entwickeln kann.  In Deutschland erkranken jährlich rund 700 Menschen an einer Meningokokken-Infektion, ca. 50 sterben daran. Der Erreger Neisseria meningitidis siedelt sich im Nasen-Rachen-Raum an und wird durch infektiöse Tröpfchen von Mensch zu Mensch weitergegeben. Demzufolge besteht ein erhöhtes Infektrisiko in Menschenansammlungen und Gemeinschaftseinrichtungen. Impfungen gegen Meningokokken sind möglich und können im 2. Lebensjahr erfolgen, meist in der Kombination mit anderen Standardimpfungen. Versäumte Impfungen sollten bis zum 18. Lebensjahr nachgeholt werden. Folgende Personenkreise sollten sich impfen lassen, wenn eine Grundimmunisierung im Kindesalter nicht erfolgt ist: Menschen ohne Milz oder mit Immundefekten, bei Laborpersonal und Personen mit Kontakt zu Erkrankten. Der Impfschutz beginnt in der Regel nach 2-3 Wochen.

Meningitisgürtel


Wichtig für Fernreisende: der Meningitisgürtel
Epidemieartige Meningokokken-Ausbrüche sind häufig im sog. Meningitisgürtel Afrikas, der von Mali über Burkina Faso bis nach Äthiopien und den Sudan reicht. Auch in Südamerika und Asien ist die Meningokokken-Meningitis häufig. In Anbetracht der Schwere der Erkrankung ist bei Reisen in diese Länder ein möglichst breiter Impfschutz zu empfehlen. Für Pilgerreisen nach Mekka ist die Impfung im Übrigen eine Voraussetzung für die Einreise nach Saudi-Arabien.



Tags: kinderkrankheiten, erwachsene, masern, keuchhusten, meningitis