Sonntag, 19. Juni 2011

Vom Jäger zum Gejagten: Androgen-Mangel



Rund 13 % aller europäischen Männer zwischen 40 und 80 Jahren haben Libidostörungen, die Kennzeichen eines Testosteron-Mangels sein können. Eine Abnahme der Androgen-Produktion ist beim Mann zwar nachgewiesen, jedoch kein abruptes Sistieren der Hormonproduktion vergleichbar mit der Menopause der Frau. Eine natürliche „Andropause“ gibt es also nicht.

Vielfältige Symptome
Ein Absinken des Testosteron-Spiegels mit zunehmendem Alter kann beim Mann vielfältige Folgen haben und ihn gelegentlich vom Jäger zum Gejagten werden lassen. Außer Libidoverlust können auch Übergewicht, Depressionen und eine Verminderung von Konzentrationsvermögen, Muskelmasse, Knochendichte und Vitalität auftreten. Diese Symtome sind nicht spezifisch für einen Androgen-Mangel, aber umso ausgeprägter, je höher das Defizit ausfällt. Bei der Diagnose muss berücksichtigt werden, dass viele Erkrankungen und auch Medikamente einen Androgen-Mangel vortäuschen können. Der folgende Fragebogen gibt Aufschluss, ob evtl. ein Androgen-Mangel vorliegt:



Testosteron-Zielorgan
Veränderung
Problem
Knochen
Osteopenie/porose
Knochenschmerzen, Frakturen
Muskulatur
Rückgang
Leistungsschwäche
Körperzusammensetzung
Zunahme Bauchfettgewebe
Adipositas
Libido  
Libidoverlust
Nachlassen der sex. Aktivität
Potenz
Erektionsprobleme
Impotenz
Blutbildung
Anämie
Chronische Müdigkeit


Klarheit durch Blutuntersuchung
Der Verdacht auf einen Androgen-Mangel kann durch Blutuntersuchungen bestätigt bzw. ausgeschlossen werden. Es gibt eine morgendliche „Testosteron-Spitze“, weshalb die Blutabnahmen zwischen 8 und 10 Uhr erfolgen sollten. Bei grenzwertigen Spiegeln muss die Untersuchung nach 2-4 Wochen wiederholt werden. Bestimmt werden freies und Gesamt-Testosteron, das SHBG (sexualhormonbindendes Globulin), Serumalbumin, Prolaktin und die Leberenzyme und falls eine Osteoporose mit im Spiel ist das Östradiol.

Normalwerte bei erwachsenen Männern:  3 - 10 ng/ml oder 10,4 - 34,7 nmol/l  ohne Gewähr!

Androgen-Mangel - was nun?
Generell wird empfohlen, ab einem Gesamttestosteron-Wert von unter 8 nmol/l eine Substitution durchzuführen. Eine Therapie mit Testosteron-Präparaten macht nur Sinn, wenn tatsächlich ein Testosteron-Mangel mit subjektiven Beschwerden vorliegt, übrigens unabhängig vom Alter. Ist der Testosteron-Spiegel nur grenzwertig erniedrigt, werden Testosteron-Präparate nur bei Libido-Mangel verordnet. Ein genereller Testosteron-Ersatz bei älteren Männern wird kontrovers diskutiert, da der Nutzen die Risiken eines Testosteron-Ersatzes nicht unbedingt überwiegt. 

Spritzen, Kapseln, Pflaster, Gel
Es können intramuskuläre Depotspritzen verabreicht werden, z.B. als Drei-Wochen- oder Drei-Monats-Spritzen. Testosteron-Gele können selbst auf die Haut aufgetragen werden, transdermale Medikamenten-Pflaster werden auf Arm, Rücken oder Oberschenkel geklebt. Un es gibt auch noch Kapseln, die täglich eingenommen werden müssen, um eine gleichmäßigen Testosteron-Spiegel aufrechtzuerhalten.

Vor der Substitution: Prostatakarzinom ausschließen
Besteht bereits ein Prostatakarzinom kann durch die Testosteron-Substitution dessen Wachstum stimuliert werden. Vor der Substitution muss also ein evtl. noch nicht erkanntes Karzinom ausgeschlossen werden. Entgegen der früheren Sorge, die Substitution fördere die Entwicklung von Karzinomen, geben die internationalen Fachgesellschaften mittlerweile Entwarnung: einen Testostern-Therapie begünstigt weder die Entwicklung von Prostatakrebs noch die gutartige Vergrößerung der Prostata.

Eine Testosteron-Behandlung darf nicht durchgeführt werden bei:
  • Verdacht oder bestehendes Prostatakarzinom
  • Verdacht oder bestehendes Mammakarzinom (Brustkrebs gibt es auch bei Männern!) 
  • bestimmten gutartigen Prostataerkrankungen
  • einer übermäßigen Bildung von Blutzellen (Polyglobulie)
  • Schlafapnoe
  • Leberschäden
  • schweren Herz-Kreislauferkrankungen
  • hochgradiger Hypertonie 

Foto: (c) K. Söhngen, Neandertal-Museum, Düsseldorf


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