Sonntag, 21. August 2011

Kinderkrankheiten bei Erwachsenen

„Kinderkrankheit“ klingt harmlos - ein fataler Irrtum: je älter der Patient, desto heftiger verlaufen Masern, Keuchhusten und Co. Schutzimpfungen haben zwar wesentlich zum Rückgang der zahlreichen Infektionserkrankungen beigetragen, bei Erwachsenen bestehen jedoch häufig Impflücken.

Masern hinterlassen eine lebenslange Immunität
An Masern sterben in Entwicklungsländern jährlich etwa 2 Mio. Menschen. Das auslösende Paramyxovirus hat als einzige Erregerquelle den Menschen, eine Infektion mit dem Virus hinterlässt eine lebenslange Immunität. Masernepidemien kommen auch hierzulande vor, zuletzt vor einigen Jahren im Badischen. Knapp der Hälfte der Betroffenen waren Erwachsene, von einer Kinderkrankheit kann also nicht mehr die Rede sein. Bei Erwachsenen führt die Maserninfektion häufig zu Pneumonien, Herzmuskel- und Leberentzündungen. Da nicht jeder Erwachsene als Kind Masern hatte und sich kaum ein Erwachsener gegen Masern impfen lässt, ist Deutschland weit davon entfernt, masernfrei zu werden. Die Masern-Impfung wird für alle nach 1970 geborenen Erwachsenen empfohlen. Es handelt sich um eine einmalige Impfung mit einem Masern-Mumps-Röteln-Impfstoff. Dieser Lebendimpfstoff darf jedoch nicht bei Menschen mit Immundefekten und Schwangeren angewendet werden.

Keuchhusten hinterlässt keine lebenslange Immunität
Das Keuchhusten-Erreger Bordetella pertussis ist ein hochinfektiöses Bakterium, das weltweit vorkommt und jeden infizieren kann. Keuchhusten gehört mit zu den häufigsten Infektionserkrankungen und gefährdet vor allem Säuglinge, die an Pneumonien und Enzephalopathien versterben können. Besonders gefährdet sind Frühgeborene und Kinder sehr junger Mütter. Generell besteht das größte Ansteckungsrisiko, wenn die Mutter als Kind gegen Keuchhusten geimpft wurde, zwischenzeitlich aber keine Impf-Auffrischung erfolgte und sie wieder für Keuchhusten empfänglich ist. Die Erkrankung hinterlässt keine lebenslange Immunität, sie hält durchschnittlich nur 10 Jahre an. Jungendliche und Erwachsene erkranken in Deutschland zunehmend an Keuchhusten. Die Diagnosestellung in diesem Alter ist schwierig, weil die klassischen Symptome des Keuchhustens in der Regel fehlen. Und so können die Infizierten den Erreger längere Zeit weitergeben und auch Säuglinge anstecken, zu denen sie Kontakt haben. Die Keuchhusten-Impfung wird für alle Kinder nach Vollendung des 2. Lebensjahres empfohlen, Auffrischungen sollten im Alter von 5-6 Jahren und 9-17 Jahren erfolgen. Der Impfschutz hält 10 Jahre an und sollte im Erwachsenenalter regelmäßig aufgefrischt werden, z.B. in der Kombination mit einer Tetanusimmunsierung.

Meningokokken: kein Kinderkram!
Meningokokken sind die häufigsten Erreger einer eitrigen Meningitis, die im Anfangsstadium keine typischen Symptome hat, sich dann aber sehr schnell zu einer bedrohlichen Erkrankung entwickeln kann.  In Deutschland erkranken jährlich rund 700 Menschen an einer Meningokokken-Infektion, ca. 50 sterben daran. Der Erreger Neisseria meningitidis siedelt sich im Nasen-Rachen-Raum an und wird durch infektiöse Tröpfchen von Mensch zu Mensch weitergegeben. Demzufolge besteht ein erhöhtes Infektrisiko in Menschenansammlungen und Gemeinschaftseinrichtungen. Impfungen gegen Meningokokken sind möglich und können im 2. Lebensjahr erfolgen, meist in der Kombination mit anderen Standardimpfungen. Versäumte Impfungen sollten bis zum 18. Lebensjahr nachgeholt werden. Folgende Personenkreise sollten sich impfen lassen, wenn eine Grundimmunisierung im Kindesalter nicht erfolgt ist: Menschen ohne Milz oder mit Immundefekten, bei Laborpersonal und Personen mit Kontakt zu Erkrankten. Der Impfschutz beginnt in der Regel nach 2-3 Wochen.

Meningitisgürtel


Wichtig für Fernreisende: der Meningitisgürtel
Epidemieartige Meningokokken-Ausbrüche sind häufig im sog. Meningitisgürtel Afrikas, der von Mali über Burkina Faso bis nach Äthiopien und den Sudan reicht. Auch in Südamerika und Asien ist die Meningokokken-Meningitis häufig. In Anbetracht der Schwere der Erkrankung ist bei Reisen in diese Länder ein möglichst breiter Impfschutz zu empfehlen. Für Pilgerreisen nach Mekka ist die Impfung im Übrigen eine Voraussetzung für die Einreise nach Saudi-Arabien.



Tags: kinderkrankheiten, erwachsene, masern, keuchhusten, meningitis